#62 Hermann Simons strategische Handlungsempfehlung für volatile Zeiten

#62 Hermann Simons strategische Handlungsempfehlung für volatile Zeiten

Strategieinterview mit Professor Hermann Simon

Von der preisstabilen Phase ging es jetzt genauso schnell wie in den 70er Jahren in die Inflation. Auch die Triebkräfte waren teilweise vergleichbar. Aktuell wird der Druck der Geldmenge anhalten und dazu kommt jetzt noch die Lohnsteigerungswelle. Aus diesem Grund erwartet Hermann Simon eine weitere Parallele zu den 70er Jahren - einen zweiten Inflationsschub. Das Niveau der Inflation wird sich laut Simon zwischen 4 und 6 Prozent realistisch einpendeln.

 

Inflation ganzheitlich bekämpfen

Inflation betrifft laut Hermann Simon sämtliche Unternehmensbereiche. Selbstverständlich sind Preiserhöhungen dringend notwendig, wenn die Kosten steigen, aber das allein genügt nicht. Es geht auch darum die Kostenseite in den Griff zu bekommen, um den Gewinndruck zu reduzieren. Dazu sollte ein cleveres Finanzmanagement bessere Zahlungsziele erzielen und das Geld "unverderblich" anzulegen. 

Geld wird zur verderblichen Ware und insbesondere der Vertrieb steht vor der komplexen Aufgabe, mit Kunden mehrfach im Jahr über Preise zu verhandeln. In diesen Zeiten sind Fälle, bei denen der Vertrieb achtmal im Jahr beim Kunden geht, keine Seltenheit.

So erfordert es laut Simon eine branchen- und produktspezifische Sichtweise, um zu verstehen, wie stark der Preiswiderstand bei den Kunden ausfällt.

Der Preis allein ist aber nicht das Instrument. Nach Beobachtungen von Simon Kucher & Partners in den letzten drei Jahren können rund 50 Prozent der Kostensteigerungen durch Preissteigerungen kompensiert werden. 25 Prozent sind durch Effizienzsteigerung und Kostensenkungen zu erzielen. Die weiteren 25 Prozent gehen zu Lasten des Gewinns.

 

Kundennutzen optimal bepreisen

Insbesondere bei echten Innovationen fällt die Preisbildung schwer. Es gibt laut Simon drei spezifische Preisanker:

  1. die Kosten
  2. der Wettbewerb und
  3. der Kundennutzen

Heute sind rund 80 Prozent aller Preise auf einer Kosten-plus-Basis aufgebaut, weil es nicht so einfach ist den Kundennutzen zu quantifizieren - insbesondere bei neuen Produkten ohne Wettbewerbsanker. Nur wenn wir den Nutzen richtig verstehen, können wir auf den Preis schließen. Schließlich sind Kosten und Preise auch Zahlen, also bedarf es auch einer Zahl für den Kundennutzen.

Aber es geht nicht nur um den einen Preis, sondern um neue Preismodelle. Simon zitiert hier Sokrates: „Der Nutzen eines Produktes resultiert nicht aus dem Eigentum, sondern aus dem Gebrauch.“ Hier gab es seiner Meinung nach mehr Innovation in den letzten 20-30 Jahren als in den 2000 Jahren davor. Insbesondere die Digitalisierung hat Preismodelle wie Freemium, Pay-By-Use etc. erst ermöglicht.

 

Fokus auf Gewinn

Die Gewinnmargen deutscher Global Fortune500 sind im internationalen Vergleich des letzten Jahres niedrig. Deutschland liegt in Simons aktueller Untersuchung mit 4,1 Prozent Nettorendite an letzter Stelle von 15 Ländern im Vergleich (nur Länder mit jeweils fünf Global Fortune500 sind in die Wertung eingeflossen). Die USA liegen mit 8,3 Prozent und die Schweiz mit 9,1 Prozent an der Spitze des Rankings.

Da drängt sich für Simon die Frage zur Qualität des deutschen Managements auf. Insbesondere die vielen Fehlakquisitionen deutscher Großunternehmen der vergangenen Jahre scheinen dies zu untermauern.

 

Vom Hidden zu Open Champions

Insgesamt geht es den Hidden Champions deutlich besser als der Deutschen Wirtschaft insgesamt oder den Großunternehmen. Hidden Champions sind auch nicht immun gegen die Gefahren unserer Zeit. Die technologisch innovativen und international stark aufgestellten Unternehmen, stehen laut Simon aber gut da. 

Die wichtigsten Prinzipien der Hidden Champions haben sich auch nicht geändert:

  1. Ambition der Beste in seinem Markt zu sein
  2. erreicht man nur durch Fokus auf eine Nische - dies macht den Markt erstmal klein aber
  3. den macht man dann wieder groß durch Globalisierung.

Bei der Globalisierung besteht für Simon die Herausforderung für Unternehmen heute darin, für jede Aktivität den besten Standort in der Welt zu finden.

Aber manchen Erfolgsfaktoren haben sich auch verschoben: Waren früher viele Hidden Champions stolz auf eine hohe Fertigungstiefe von 70-80 Prozent. Ist dies heute eher nicht mehr vorteilhaft in einer Zeit, wo man neue Kompetenzen schnell benötigt. Business Ökosysteme haben deshalb enorm an Bedeutung gewonnen. Dafür muss ein vertrauensvoller Umgang mit Partnern das frühere Prinzip der eigenen Verschwiegenheit fallen. Hier braucht es seiner Meinung nach sogar transatlantisches Ökosysteme.

 

Differenzierer durch Software plus Hardware für B2B

In digitalen Massenmärkten und Künstlicher Intelligenz werden wir laut Simon keine Rolle spielen. Märkte wie die USA und China bieten bessere Ausgangsbedingungen. Im Massenmarkt der Digitalisierung wird der Standard nicht aus Europa kommen.

Bei industriellen Prozessen kennen wir uns allerdings besser aus, wenn es darum geht Software und Hardware gekonnt zu integrieren. Allein Apple hat in Deutschland 776 Zulieferer. Darauf sollten wir uns laut Simon konzentrieren und dieser Kuchen ist groß genug für uns.

 

Rat für erfolgreiches Unternehmertum

Für Simon funktioniert die Hidden Champions Strategie mit den drei wichtigsten Prinzipien. Aber es geht nicht schnell, sondern es geht nur

"auf rauen Pfaden zu den Sternen."

 

SHOWNOTES 

Neues StrategyFrame-Zertifizierungsprogramm im März in Düsseldorf - jetzt anmelden

LinkedIn Christian Underwood  

LinkedIn Prof. Jürgen Weigand 

StrategyFrame 

Podcast Hoffnung ist keine Strategie 

Buch Hoffnung ist keine Strategie 

Podcast-Folge #10 Wie du in 4 Schritten vom Hidden zum Open Champion wirst

LinkedIn Hermann Simon  

Website Hermann Simon

 

Ausgewählte Bücher von Hermann Simon:

Die Inflation schlagen

Hidden Champions in the Chinese Century: Ascent and Transformation

Hidden Champions

Autobiografie