#18 "Menschen, Prozesse und Systeme in perfekter Harmonie"

#18 "Menschen, Prozesse und Systeme in perfekter Harmonie"

Strategieinterview mit Daniela Weiss, Senior Vice President Corporate Business Process Management & BPM Lead der GEA Group

67 aktive ERP-Systeme, an die 500 Prozesse, für 210 Unternehmen zu harmonisieren ist eine absolute Herkulesaufgabe. Die GEA Group hat hierfür eine duale Transformation aufgesetzt, bestehend aus einem globalen Business Process Management sowie der Einführung von SAP S/4 HANA als einziges ERP System -  das größte Transformationsprogramm in der Unternehmensgeschichte.   

Eine Herausforderung vor der aktuell viele Unternehmen stehen, wenn sie die Grundlage für eine weitreichende und erfolgreiche Digitalisierung legen wollen. Um dabei den Fokus nicht allein auf die technische oder prozessuale Aspekte zu setzen, sondern die Mitarbeiter*innen nicht zu vergessen, hat man eine außergewöhnliche Change-Strategie gewählt: nämlich den Mensch in den Mittelpunkt der Veränderung zu stellen. Ohne Menschen kann eine erfolgreiche Umsetzung eines solchen Vorhabens nicht gelingen. Zwar lassen sich Prozesse und Systeme vorgeben, aber um effektiver und effizienter zusammenzuarbeiten, braucht es mehr, als Akzeptanz. 

Wie die GEA mit Co-Kreation, einer kollaborativen Prozess-Community und viel Change-Kommunikation die „Menschen, Prozesse und Systeme in Harmonie“ bringt und die Menschen dabei auch Spaß haben, erzählt in unserem Strategieinterview Daniela Weiss, Senior Vice President Corporate Business Process Management & BPM Lead S/4HANA Transformation bei der GEA Group.  


SHOWNOTES:

Christian Underwood

Daniela Weiss

Underwood GmbH

GEA Group

Detaillierte Folgenbeschreibung:

Informationen zum Unternehmen

Die GEA Group ist einer der weltweit größten Systemanbieter der Nahrungsmittel und Pharmaindustrie und ist in über 60 Ländern aktiv. Mit einem Produktportfolio von Maschinen und Anlagen, anspruchsvoller Prozesstechnik, Komponenten für die Nahrungsmittel-, Getränke- und Pharmaindustrie ist die GEA wahrscheinlich – vom Frühstück bis zum Abendessen – Bestandteil in unser aller Alltag. Mit Hauptsitz in Düsseldorf beschäftigt die Gruppe weltweit rund 18.200 Mitarbeiter*innen.


Daniela Weiss – Informationen zur Person

Frau Weiss hat ihren MBA an der ESB Business School in Reutlingen absolviert. Nachdem sie als Beraterin bei BearingPoint und Capgemini tätig war, hat sie das BPM Thema bei der Schuler AG verantwortet und ist seit 2019 als Senior Vice President bei der GEA an Bord. Hier verantwortet sie mit ihrem BPM Experten Team und rund 300 Process Community Mitgliedern aus dem Business 24 globale End-to-End Prozesse der gesamten Gruppe global. In dieser Rolle ist sie auch Teil des dreiköpfigen Leadership Teams der S/4HANA Transformation.

Die größten Herausforderungen der gewachsenen Komplexität

Die GEA Group hat einen klaren Purpose: Engineering for a better world. Ihr Antrieb ist es, die Welt mit ihren Produkten und Services täglich ein kleines Stück besser zu machen. Hierbei hat die GEA Group eine langjährige Geschichte. Die Akquisition verschiedener Unternehmen mit langer Tradition ist hierbei eine klare Stärke der GEA Group, worauf sie auch stolz sind. Gleichzeitig macht es dieser Umstand jedoch nicht einfacher, in einem globalen Gebilde zu arbeiten, wenn es in der Wachstumsstrategie – der Mission 26 – um mehr geht, als nur die Summe der einzelnen Teile. Hier steht man vor der Aufgabe von gewachsenen Komplexitäten: als Daniela 2019 bei der GEA gestartet ist, gab es 67 aktive ERP-Systeme, 500 Prozesse, 210 Unternehmen und keine Prozess Community oder ein BPM Team. Die anspruchsvolle Aufgabe liegt darin, diese 67 aktiven ERP-Systeme mit allen dazugehörigen Prozessen über das Unternehmen hinweg bis Ende 2025 zu einem System zu harmonisieren. Damit soll zum einen die Steuerungsfähigkeit erhöht werden, zum anderen soll auch die Basis für die Digitalisierung geschaffen werden: eine einzige Quelle der digitalen Wahrheit.

Neben der inhaltlichen Komplexität ist hier sicherlich die ambitionierte Timeline eine der größten Herausforderungen, denn der erste Pilot sollte innerhalb von 15 Monaten während Covid an den Start gehen und das gesamte Programm bis Ende 2025 abgeliefert werden – so das Versprechen an den Kapitalmarkt. Bei allen technischen und prozessualen Innovationen war außerdem eine Kernherausforderung, die über 18.200 Mitarbeiter*innen nicht nur mitzunehmen, sondern mit ihnen gemeinsam eine neue GEA zu bauen.

Warum die Verknüpfung von BPM und S/4HANA Transformation sinnvoll ist

Die Kunst sieht Daniela insbesondere darin, nicht zu lange in der Vergangenheit zu verharren, sondern den Blick sofort nach vorne zu richten und im Sinne eines Greenfield-Ansatzes sofort in und mit der Zukunft zu starten. Hierfür wurde bei der GEA eine Duale Transformation aufgesetzt, welche aus dem BPM (Business Process Management) und der SAP S/4HANA Transformation besteht. 

Den Startpunkt bilden hier die Geschäftsprozesse: mit klarem Fokus auf die End-to-End-Prozesse und einer Ausrichtung an den Geschäftsanforderungen sollen so die einfachen Vorgehensweisen und kurzen Entscheidungswege verschlankt und beschleunigt werden, sodass eine hohe Prozessgeschwindigkeit ermöglicht und gewährleistet wird, in der zeitgleich noch Spielraum für Agilität und Flexibilität bewahrt wird und die Transparenz gefördert wird. Dies gilt gleichermaßen für die Prozesse in S/4HANA wie für non-SAP-Prozesse und für solche Prozesse, die nicht systemgestützt sind, wobei der Fokus auf den S/4HANA Prozessen liegt.
Von diesem Startpunkt wurde direkt die Brücke zum System geschlagen. S/4HANA ermöglicht der GEA, die vielen verschiedenen Wege, das immer gleiche zu tun, loszuwerden und gleichzeitig die Qualität der Daten zu verbessern und die Transparenz zu erhöhen, um bessere Entscheidungen zu treffen. So haben sie das Beste aus zwei Welten verbunden und den Rückenwind gut genutzt.

Die Menschen im Fokus der Veränderung

Für Daniela machen Menschen den entscheidenden Unterschied. Eine S/4HANA Transformation ist nicht als Selbstzweck zu betrachten, sondern bietet einen klaren Benefit, zum einen für das Geschäft an sich und dessen Digitalisierung, sowie der neuen Wachstums- und Nachhaltigkeitsstrategie. Zum anderen aber auch für jede*n einzelne*n Mitarbeiter*in im Alltag. Hier gilt es, Prozesse mit Leben zu füllen, weiterzuentwickeln und das Unternehmen und die tägliche Arbeit mithilfe von S/4HANA ein Stückchen besser zu machen. Das gelingt jedoch nicht ohne Menschen und deren Expertise. Der Sinn und Zweck von Prozessen und Systemen ist es letztendlich, die Menschen dabei zu unterstützen, einen besseren Job zu machen, damit sie sich auf die wirklich wichtigen Dinge fokussieren können. Wichtig war Daniela im Prozess vor allem, dass die Kolleg*innen aus dem Business von Beginn an mit an Bord sind, damit die Transformation erfolgreich etabliert werden kann – und nicht nur top-down diktiert wird.

Menschen, Prozesse und Systeme in Harmonie bringen

Daniela ist überzeugt davon, dass es die perfekte Harmonie zwischen Menschen, Prozessen und Systemen benötigt, damit eine Unternehmung erfolgreich funktioniert. Technologie wird bestehende Probleme nicht beseitigen, wenn die Menschen und die Prozesse fehlen. Die Prozesse schaffen hierbei den Rahmen für die Menschen, ihr Doing und ihre Entscheidungen, die Systeme werden zur effizienteren Ausführung eben dieser Prozesse verwendet. Für Effizienz und Effektivität braucht es also eine gute Balance, damit die Prozesse und Systeme den Menschen am Ende wirklich unterstützen.

Erfolgsfaktoren der Transformation

In den letzten 1,5 bis 2 Jahren hat die GEA schon viel erreicht, auf das man stolz sein kann: Daniela hat ein mittlerweile 8-köpfiges BPM & Change Management Team aufgebaut, was voller Passion arbeitet. Sie hat eine Community gebildet, in der sich über 300 Mitarbeiter*innen aus 25 verschiedenen Ländern austauschen. Es wurde ein BPM Lifecycle ins Leben gerufen, der sämtliche Business Prozesse – SAP-gestützt und nicht-SAP-gestützt – abbildet. Gemeinsam wurden mithilfe des BPM Lifecycles über 400 globale Prozesse gestaltet.
Und auf dem gesamten Weg haben alle auch jede Menge Spaß an der Weiterentwicklung gehabt. Der größte Erfolg ist es zu sehen, dass die Menschen die gestalteten Prozesse und das System nun sukzessive zum Leben bringen.

Als wesentlichen Erfolgsfaktor sieht Daniela die konsequente Fokussierung auf den Menschen mithilfe von 3 C’s – Co-Kreation, Community und Change Kommunikation.

Co-Creation

Von Beginn an wurden die neuen Prozesse gemeinsam mit ausgewählten Kolleg*innen aus Divisionen, Regionen und Funktionen erarbeitet. Hier kamen Leute aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen, Kulturen und Sprachen zusammen, um gemeinsam an der Zukunft zu bauen – sozusagen neue Prozesse von der GEA für die GEA.

Community

Die Community ist für Daniela ein strategisches Netzwerk mit mittlerweile mehr als 300 Mitgliedern rund um den Globus. Hierbei stärkt die Community sich gegenseitig, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu haben und stärkt die Befähigung und das Ownership der Kolleg*innen für die jeweiligen Prozesse.

Change Kommunikation

Die Change Kommunikation hat während der gesamten Reise eine wesentliche Rolle gespielt: beispielsweise wurde eine Sprache gewählt, die jeder im GEA-Umfeld verstehen kann, fernab von den technischen SAP-Begrifflichkeiten. Gleichzeitig wurden offene Dialogformate mit dem C-Level für das gesamte Big Picture und eine klare Mission gespielt.

Daniela betont, dass eine derartige Transformation nur mit der notwendigen Rückendeckung möglich ist. Sie sieht einen entscheidenden Erfolgsfaktor darin, dass die Unterstützung des Top-Managements von Anfang an zu spüren war. Abschließend hält sie noch fest, dass es essentiell ist, ein klares Ziel zu haben, welches einen Rahmen und klare Spielregeln schafft und gleichzeitig Raum zu haben, zu lernen und flexibel zu handeln.