Strategiewissen mit Christian Underwood
Wer kennt sie nicht: die langweiligen nichtssagenden oder austauschbaren Unternehmensvisionen und Leitbilder auf den langen Unternehmensfluren?
Da sind die Visionen, die in ihren Parolen zwischen Marktführer und Nummer 1 im Markt variieren. Merkwürdig anmutende Interpretationen von Missionen und Visionen, bei denen schon auf dem ersten Blick klar wird - hier ist nichts klar. Das Ganze wird dann noch mit einem Potpourri an Werten garniert, dass einem häufig der Appetit vergeht oder einfach nicht angeregt wird. Ja Leitbilder sind wichtig und ja gute Leitbilder sind eine hohe Kunst und brauchen auch viel Zeit in der Entwicklung und deshalb sind sie selten.
Wer Visionen hat sollte deshalb aber nicht zum Arzt gehen, sondern sich die Frage stellen: ist meine Vision motivierend genug und erzeugt Momentum für unsere Unternehmensstrategie?
In dieser Folge erfahrt Ihr was es für eine gutes Unternehmensleitbild braucht, welche Alternativen es gibt und wie Ihr mit „Big Hairy Audacious Goals“ (BHAG) große Ziele setzt die motivieren und inspirieren aber gleichzeitig auch eine positive Wirkung erzeugen.
Detaillierte Folgenbeschreibung:
Inhaltsverzeichnis
- Lieber kein Leitbild als ein schlechtes
- Was ist überhaupt ein Leitbild
- Alternativen zum Leitbild
- BHAG - „Big Hairy Audacious Goals“
- Was sind BHAGs?
- BHAGs mit positiver Wirkung
- BHAG-Beispiele aus der Praxis
- Drei Leitfrage für Ihre BHAG-Formulierung
- Kontakt
- Shownotes
In der heutigen Folge aus der Kategorie Strategiewissen geht es um den Nordstern, an dem die Strategie ausgerichtet werden soll.
Unsere Leitfrage lautet: Wie finden Sie den Nordstern für Ihre Unternehmensstrategie?
Lieber kein Leitbild als ein schlechtes
Ein beliebtes Zitat was mir immer wieder in diesem Zusammenhang begegnet stammt von Helmut Schmidt - dem ehemaligen Bundeskanzler.„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“
Dem möchte ich natürlich aufs energetische Widersprechen aber in einem Punkt hat er recht: die meisten Leitbilder werden häufig mit D und nicht T geschrieben und sind wirklich zum abgewöhnen.
Warum versuchen dennoch viele Unternehmen im Strategieprozess auch noch einen Leitbildprozess gleichzeitig abzuwickeln. Man hat schließlich gelesen und gelernt: ohne Leitbild keine Strategie. Das Leitbild ist der Anker, der Nordstern verkommt aber häufig genug Notnagel und am Ende ist es auch kein Allheilmittel. Natürlich sollte Ihre Strategie auf etwas wesentlichem Fußen, aber eine Aussage hat sich in den vergangene 15 Jahren in der Praxis bewährt: lieber kein Leitbild als ein unfassbar schlechtes.
Also entweder ganz oder gar nicht. Entweder entkoppeln Sie den Leitbild- vom Strategieprozess und stellen ihn mit ausreichend Zeit diesem voran oder Sie brauchen eine gute Alternative.
Was ist überhaupt ein Leitbild
Wenn Ihr Mission Statement Ihr Polarstern ist, also das Warum es uns gibt? Dann ist Ihr Vision Statement Ihr Berg, den Sie besteigen wollen - also was Sie erreichen wollen und wie es sich anfühlt dieses Ziel zu erreichen.
Gemeinsam mit den Unternehmenswerten und Grundsätzen bildet die Mission sozusagen die Philosophie Ihres Unternehmens ab und sollte deshalb eine extrem lange Haltbarkeit aufweisen - 100 Jahre und mehr sind dabei nach Prof. Esch ein guter Richtwert. Ihre Vision spielt mit 10-30 Jahren in einer anderen zeitlichen Liga und einer zusätzlich externen Dimension. Es soll nicht nur Ihrem Team dabei helfen, strategische Entscheidungen über langfristige Ziele zu treffen, die auf dem Weg bis hin zur Erfüllung der Mission erreicht werden müssen. Nein auch für externe Stakeholder wie zum Beispiel Banken, Investoren, potentielle Mitarbeiter aber auch die Kunden kann die Vision einen Unterschied machen. Denn die Vision liefert im Idealfall klare Antworten auf das „Warum?“ und „Wie?“ hinter Ihrem Mission Statement, damit Sie die Mission Ihres Unternehmens erreichen können.
Wer aus der Praxis wissen will, wie man ein Leitbild richtig angeht, findet dazu Anregungen in unserem allerersten Podcast mit Jan Hoffmann von Viessman die dieses Thema sehr schön gelöst haben.
Einen Link zur Folge gibt es natürlich in den Shownotes: https://www.underwood.de/podcastfolgen/01-vi-have-a-dream
Alternativen zum Leitbild
Doch Zeit ist nicht nur kostbar und um ein echtes Momentum mit Inspirationskraft zu erzeugen, empfiehlt sich eine echte Alternative, die für Klarheit sorgt. Da viele Wege bekanntlich zum Ziel führen, hier ein paar weitere Möglichkeiten zur Ausrichtung der Strategie: Mit Simon Sinneks „Golden Circle“ und dem „Start with Why“ hat er einen schönen pragmatischen Ansatz geschaffen. Langwieriger und tiefgreifender wäre hier auch eine „Purpose“-Entwicklung, die auf der inhaltlichen Flughöhe des Missions Statements unterwegs ist, aber meistens genauso lange benötigt, wie die Leitbild Entwicklung und hier ähnliche Probleme auftreten können.
BHAG - „Big Hairy Audacious Goals“
In der Praxis hat sich eine Methode bewährt, die wir um einen kleinen Zusatz ergänzt haben. Die Rede ist vom BHAG. Ausgesprochen: Bie-hag steht für „Big Hairy Audacious Goals“. Große, herausfordernde oder kühne Ziele. Von Collins und Porras Mitte der 90er in die Welt gebracht, hat das BHAG für viele Unternehmen die Suche - nach dem Ansporn der Wirkung - zeigt gelegt. Wenn wir von echt großen Zielen sprechen, ist das wirklich wörtlich zu nehmen.
Was sind BHAGs?
Ihr BHAG sollte inspirierend und langfristig sein und damit Ihr Unternehmen auf die nächste Stufe heben. BHAGs sind gewaltige Aufgaben, deren Umsetzung 10-15 Jahre dauert. Sie verschieben die Grenzen dessen, was Ihr Unternehmen leistet und fordern Ihr Team heraus, enorme Fortschritte zu machen. Dabei sind die Grenzen zwischen Visionen und BHAGs fließend. Wenn sie zum ersten Mal festgelegt werden, erscheinen BHAGs oft wie Ziele, die fast unmöglich zu erreichen sind. Denken Sie an Präsident John F. Kennedys Verkündigung aus dem Jahr 1961, dass die Vereinigten Staaten noch vor Ende des Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond landen würden. Im Jahr 1961 schien ein solcher Anspruch eher ein Traum zu sein als eine mögliche zukünftige Realität. Doch durch die Festlegung dieses Ziels inspirierte Präsident Kennedy die Vereinigten Staaten, das scheinbar Unmögliche zu erreichen.
BHAGs mit positiver Wirkung
Um aber den BHAGs noch etwas mehr Tiefgang zu verpassen und so eine Kombination aus Mission und Vision mit einem kräftigen Schuss Adrenalin zu erhalten, haben wir die Zielrichtung für das BHAG mit dem Begriff Wirkung oder Impact versehen. Diese Ergänzung macht einen auf die Wirkung, die das Unternehmen erzielen möchte, aufmerksam und hat bei der richtigen Formulierung ein hohes Inspirationspotenzial.
Warum Wirkung? Wirkungs-Statements zeigen, wie Sie mit Ihrer Arbeit einen nachweisbaren und überprüfbaren Unterschied im Leben von Menschen, Communities, Ihres Unternehmens und der Umwelt erzeugen - in den drei Dimensionen soziales, wirtschaftlich und ökologischen Bedingungen - also kurz ESG. Somit schließt das Wirkungs Statement die Lücke zwischen BHAG und ESG - also Nachhaltigkeit im ganzheitlichen Sinne. Die Dokumentation der Ergebnisse Ihrer Bemühungen wird auch zunehmend von Geldgebern und Interessengruppen erwartet. Festzulegen welche Wirkung man mit seinem Handeln erzielen möchte, hilft.
Dabei sind reine finanziellen Ziele nicht nur bei der Wirkung fehl am Platze. Umsatz und Gewinn sind nur eine Folge und kein reiner Selbstzweck. Beschreiben Sie das Thema oder die Problemstellung (Relevanz) die Sie lösen wollen, für Ihr Hauptzielpublikum, in einfachen und geeigneten Worten.
BHAG-Beispiele aus der Praxis
Eins der schönstens BHAG Beispiele mit hoher Wirkung kommt vom Autobauer Volvo:
Bis 2022 wird niemand mehr in einem neuen Volvo sterben.
Eine Konsequenz daraus war es für Volvo, alle Neuwagen mit einem Tempolimit auf 180km/h zu begrenzen. Sehr konsequent und stark.
Auch Microsoft hatte eine Vision, die wie ein BHAG funktionierte:
Microsofts berühmtes Ziel war es: einen Computer auf jeden Schreibtisch und in jedes Zuhause zu bringen.
Weitere Beispiele
Airbnb: Eine Welt erschaffen, in der jeder überall dazugehören kann
Evernote: Remember everything
Feeding America: Sicherstellung eines gerechten Zugangs zu nahrhaften Lebensmitteln für alle
Facebook: Connect the world
Google: Organize the world's information
Michael J. Fox Foundation: Ein Heilmittel gegen Parkinson finden
Microsoft: Einen Computer auf jeden Schreibtisch und in jedes Zuhause zu bringen
Spotify: Das Potenzial der menschlichen Kreativität entfalten
Tesla: To accelerate the world's transition to sustainable energy
Volvo: Bis 2020 wird niemand mehr in einem neuen Volvo sterben.
Drei Leitfrage für die BHAG-Formulierung
Doch wie kreiert man ein solches BHAG mit Wirkung? Stellen Sie sich dafür drei Kreise mit drei Leitfragen vor:
1. Was ist Ihre große Leidenschaft?
2. Worin kann Ihr Unternehmen das beste der Welt sein?
3. Was treibt Ihren Wirtschaftsmotor an? Ist es der Gewinn pro Kunde? Gewinn pro Meter? Gewinn pro Sendung? Was ist Ihr "x" in "Gewinn pro x"?
An der Schnittstelle dieser drei Fragen oder Kreise liegt ihr zielorientiertes BHAG mit Wirkung.
Wir hoffen Ihnen wieder etwas Inspiration für das Fundament auf dem Ihre Strategie fußen sollte.
Kontakt
Sollten Sie Fragen haben, Ihre Leitbilder oder BHAG überprüfen lassen wollen oder einen solchen Prozess planen, dann freue ich mich über eine Nachricht von Ihnen an christian@underwood.de
SHOWNOTES:
Christian Underwood: https://www.linkedin.com/in/christianunderwood/
Hoffnung ist keine Strategie: http://www.hoffnungistkeinestrategie.de
Das Buch Hoffnung ist keine Strategie jetzt vorbestellen https://www.underwood.de/buch
Underwood GmbH: https://www.underwood.de
HIKS Podcastfolge mit Jan Hoffmann von Viessman https://www.underwood.de/podcastfolgen/01-vi-have-a-dream