#42 15 strategische Handlungsoptionen für dein unternehmerisches Wachstum

#42 15 strategische Handlungsoptionen für dein unternehmerisches Wachstum

In diesem Blogartikel geht es um ein Thema, welches für jede Person relevant ist, die sich direkt oder indirekt mit Strategie beschäftigt - und zwar die Strategischen Handlungsoptionen.

Wir haben häufig die Qual der Wahl und wissen gar nicht, wo wir hin sollen. Doch wir brauchen eine klare Richtung vor Augen, damit wir auch gute strategische Entscheidungen für unser Unternehmen treffen können. 

Daher möchte ich dir heute einen kleinen Einblick geben in das Thema “Strategische Herausforderungen” geben - welches wir übrigens sowohl in unserem Buch als auch in unserem StrategyFrame® aufgreifen. 

Es ist von großer Bedeutung, dass wir diese beiden Konzepte zusammen betrachten, denn die strategischen Herausforderungen sind eng mit den strategischen Handlungsoptionen verbunden und leiten sich aus ihnen ab - diese wiederum basieren auf der Situationsanalyse, in der die IST-Situation analysiert und definiert wird, um klar vor Augen zu haben, wo ein Unternehmen steht und welche Realitäten wir berücksichtigen müssen. 

Kurz gesagt sind Strategische Handlungsoptionen quasi verschiedene Möglichkeiten, die einer Organisation oder einem Unternehmen zur Verfügung stehen, um ihre Ziele und Visionen zu erreichen bzw. um unternehmerisch zu wachsen. 

Wie so oft gibt es hier auch wieder ein entsprechendes Tool. Ein absoluter Klassiker ist die Produkt-Markt-Matrix von Ansoff (auch Ansoff-Matrix, nach ihrem Erfinder; 1957), auf die wir im Folgenden einmal genauer eingehen. 

Die Produkt-Markt-Matrix

Die Produkt-Markt-Matrix ermöglicht eine auf Wachstum ausgerichtete Unternehmensstrategie zu entwickeln. 

Dazu wird auf der einen Seite der Markt aufgeteilt in 

  • bestehender Markt und 
  • neuer Markt. 

Auf der anderen Seite werden die Produkte aufgesplittet in 

  • bestehende Produkte und 
  • neue Produkte. 

Aus den jeweiligen Produkt-Markt-Kombinationen lassen sich die entsprechenden Wachstumsstrategien für das Unternehmen ableiten, die wir gleich noch genauer erläutern.

Die Ansoff-Matrix unterscheidet vier strategische Optionen: die Marktdurchdringung, die Marktentwicklung, die Produktentwicklung und die Diversifikation. 

Aufbauend auf diesem Modell gab es noch eine Erweiterung von Kotler und Armstrong von 2012, welche die ursprünglichen 4 Felder der Produkt-Markt-Matrix auf sechs Felder erweitert haben. 

In unseren Augen hat aber trotzdem noch etwas an strategischen Handlungsoptionen gefehlt und deshalb waren wir so frei, das Ganze auch nochmal zu erweitern. 

Heraus kamen 15 mögliche strategische Handlungsoptionen, welche dir zur Verfügung stehen, wenn es darum geht, das Wachstum deines Unternehmens weiter zu gestalten. 

Und genau da möchte ich dich jetzt gerne einmal durchführen. 

Strategische Handlungsoptionen im Überblick

Es geht in dem Prozess um die Themen:

  • Wachstum oder Konsolidierung
  • organisches oder anorganisches Wachstum wie zum Beispiel durch Zukäufe,
  • geografische Konzentration oder Expansion,
  • das Erschließen neuer bestehender Märkte oder Kundensegmente,
  • Angebot neuer Produkte oder Dienstleistungen in bekannten Märkten und
  • die Identifikation künftiger Märkte und Kundensegmente.

Das Ganze lässt sich dann in drei wesentliche Strategienformen ableiten:

  • Konsolidierungsstrategien
  • Wachstumsstrategien
  • Zukunfts- und Disruptive-Strategien

Konsolidierungsstrategien

Die Konsolidierungsstrategien sind sozusagen drei Erweiterungen, die bisher in dieser Form nicht in der Matrix aufgetaucht sind: 

  1. Rückzug

Also der Abbau des Angebots mit gleichzeitigem Abbau von Märkten, aus denen man sich zurückzieht. 

  1. Produktkonstante Marktverdichtung

Das bedeutet, dass ein Angebot bzw. Produkt bestehen bleibt, aber ein Abbau von Märkten stattfindet bzw. mit bestehendem Angebot aus speziellen Märkten rausgegangen wird, wenn es sich nicht mehr lohnt. Es ist quasi der Counterpart zur "Marktentwicklung".

Das kann beispielsweise durch Verkauf regionaler Geschäftseinheiten passieren oder durch die Aufgabe der gesamten Marktpräsenz. Auch im Bezug auf den Ukraine-Russland-Krieg war eine solche Marktverdichtung sichtbar, denn der Russland-Markt musste teilweise aus Sanktionsgründen abgebaut werden - nicht in allen Ländern, nicht für alle Unternehmen, aber es war ein ganz wesentlicher Punkt.

  1. Konstante Produktverdichtung

Das dritte Feld ist die konstante Produktverdichtung, also die Reduzierung des Produktprogramms bzw. des Angebots bei weiterem Verbleib in bestehenden Märkten. Das heißt, Verlustbringer oder Ressourcenfresser aus dem Angebotsportfolio werden reduziert, während das Unternehmen aber weiterhin in den Märkten bleibt, in denen sie auch heute schon unterwegs sind.

Diese drei strategische Handlungsoptionen sollte man nicht vergessen, denn unser Lieblingszitat bei Hoffnung ist keine Strategie lautet ja: „The essence of strategy is choosing what not to do“, also zu wissen und zu entscheiden, was man nicht tun sollte (Michael Porter).

Die Realität ist nämlich häufig, dass Unternehmen in Märkten sind, die sich manchmal gar nicht rechnen und Im Zweifel noch nicht mal die Kosten des Vertrieblers decken - oder auch Produkte im Portfolio haben, die vielleicht eher Verlustbringer sind oder aus strategischer Sicht in Zukunft auch keinen Sinn mehr machen werden.

Wachstumsstrategien

Der zweite Kernblock der strategischen Handlungsoptionen sind dann die sogenannten Wachstumsstrategien. 

Dieser Aspekt ist sehr vielfältig und bietet viele Optionen. 

  1. Marktdurchdringung

Die klassisch erste Option, auch vertreten in der Matrix, ist die Marktdurchdringung. Hierbei handelt es sich um eine Produkt-Markt-Strategie, bei der die Unternehmen verschiedene Maßnahmen nutzen, um den Marktanteil nach oben zu treiben und das gesamte Potenzial des bestehenden Marktes (mit bestehendem Produkt) auszunutzen. 

Und wie kann man das tun? Je nach Eignung, Bedarf und Unternehmen können verschiedene Maßnahmen implementiert werden, wie zum Beispiel mehr und gezieltes Marketing, Preissenkung, Kauf eines Wettbewerbers etc. 

  1. Produktmodifikation

Eine andere Strategie kann die Produkt-Modification sein, also ein modifiziertes Angebot in bestehenden Märkten. Das bestehende Angebot wird hierbei leicht modifiziert, was dann die bestehenden Zielgruppen nochmal zu einem erneuten Kauf anregen soll.

Es kann auch ein Produkt-Feature sein, z.B. in Bezug auf Materialeinsatz, Menge oder sogar nur die Verpackung. 

  1. Produktentwicklung

Eine weitere mögliche Handlungsoption ist die Produktentwicklung. Hier geht es im Vergleich zu der Produktmodifizierung nochmal einen Schritt weiter, denn es wird ein neues Angebot in den bestehenden Markt eingebracht. Das heißt, wir versuchen mit neuen Angeboten bestehende Kundenbedürfnisse in bestehenden Märkten (noch besser) zu befriedigen.

Hier kann man beispielsweise auch mit neuen Marken oder neue Produktlinien arbeiten, um auf die neue Produktmodifizierung hinzuweisen. 

  1. Markterweiterung

Hier sollen für bereits bestehende Produkte neue - aber bekannte - Märkte gefunden bzw. geschaffen werden. Wir sprechen hier von bekannten Märkten, da die Zielgruppe bekannt ist. Dadurch unterscheidet sich dieser Punkt auch von der nächsten Option.

  1. Eingeschränkte Diversifikation

Die eingeschränkte Diversifikation beschreibt die Modifikation bestehender Produkte für neue geografische Märkte.

In dem Punkt davor haben wir nichts am Angebot verändert und sind in bekannte Märkte mit den bekannten Zielkunden gegangen. Bei der eingeschränkten Diversifikation haben wir sozusagen eine Modifizierung des Angebots auf regionale Anforderungen, wie zum Beispiel durch sprachliche, kulturelle, technische Anforderungen oder regulatorische Punkte.

Und dann kommen wir zur nächsten Option - der partiellen Diversifikation.

  1. Partielle Diversifikation

Die partielle Diversifikation kann zwei unterschiedliche Formen annehmen, je nachdem in welchem Bereich der Matrix die auf Wachstum zielende Handlung erfolgt. 

Es können entweder 

>> neue Produkte / Angebot an geographisch neue, bekannte Märkte oder 

>> modifizierte Produkte / Angebot an entsprechende neue Kundensegmente vertrieben werden.

9.1. Bei der ersten Form werden für die bekannte Zielgruppe in neuen geographischen Märkten entsprechend neue Produkte entwickelt und verkauft. Ganz klassisches Beispiel ist die Entwicklung von innovativen Angeboten, die auf die speziellen regionalen Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind, oder die Entwicklung komplett neuer Marken für eine angepasste regionale Ansprache oder Abgrenzung von anderen Märkten. 

Wie du siehst, ist es also von der vorher genannten Handlungsoption, der eingeschränkten Diversifikation, nur noch ein minimal weiterer Schritt.

9.2. Die andere partielle Diversifikation ist, wie bereits erwähnt, das modifizierte Angebot an neue Kunden. Das bestehende Angebot wird also entsprechend den Anforderungen neuer Kundensegmente modifiziert. 

Ein Beispiel wäre eine Modifizierung bei Versicherungen für eine jüngere Zielgruppe oder die Adjustierung des Marketings für die neuen Kundensegmente.

  1. Marktentwicklung

Die Marktentwicklung umfasst die Erschließung neuer Märkte oder Kundensegmente für bestehende Produkte.

Durch das Betreten neuer Marktsegmente oder die Erschließung weiterer geografischer Regionen, kann ein Unternehmen also neue Zielgruppen und Kunden für seine bereits existierenden Produkte gewinnen.

  1. Diversifikation

Das ist der risikoreichste Aspekt der Produkt-Markt-Matrix. 

Diversifikation erfordert die Entwicklung eines neuen Produkts bei gleichzeitiger Erschließung eines neuen Markts.

Je nach Unternehmen und Strategie kann hier noch einmal in die horizontale, vertikale und laterale Diversifikation untergliedert werden.

Horizontale Erschließung 

Hier besteht ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem bestehenden Produktsortiment und dem neuen Produkt. Bei der horizontalen Erschließung erweitert ein Unternehmen also sein Angebot auf derselben Wirtschaftsstufe, um neue Kunden zu erreichen.

Ein Beispiel wäre hier der Wursthersteller, der jetzt auch vegetarische Fleischersatzprodukte macht.

Vertikale Erschließung

Im Vergleich zur horizontalen Erschließung findet die Diversifikation nicht auf derselben Ebene der Wertschöpfungskette statt, sondern auf der vor-, beziehungsweise nachgelagerten.

Klassisches Beispiel ist ein Automobilhersteller, der einen Zulieferer von Reifen oder Zubehörteilen aufkauft und auch deren Produkte zum Verkauf anbietet. So können Abhängigkeiten reduziert, Marktanteile gesichert und das eigene Wachstum weiter ausgebaut werden.

Laterale Erschließung 

Mit der lateralen (oder auch diagonalen) Diversifikationsstrategie besteht kein Zusammenhang zwischen der alten und neuen Produkt-Markt-Kombination. 

Ein Beispiel wäre die Tankstelle, die zum Mini-Supermarkt wird.

Zukunfts- und Disruptive Strategien

Hier handelt es sich um Themen, die ich vielleicht aus der “Blue Ocean”-Strategy, welche die Schaffung kennt, welche die Schaffung eines neuen Marktes bezeichnet, der oft aus bestehenden Märkten innoviert wurde. Sprich es werden Produkte oder Märkte entwickelt, die es bisher noch gar nicht gibt. 

  1. Angebotsfindung

Hier ist die Identifikation von innovativen, disruptiven Angeboten für bestehende oder bekannte Märkte gemeint. Zum Beispiel Fintech-Startups sind in bekannten Märkten, aber es läuft komplett anders, um das Leistungsangebot in dieser Branche möglich zu machen.

  1. Marktfindung

Bei der Marktfindung wird für ein bestehendes, modifiziertes Angebot für zukünftige Märkte oder Kundensegmente identifiziert. 

Klassisches Beispiel hierfür ist der Cirque du Soleil, der quasi einen blauen Ozean mit neuen Marktmöglichkeiten geschaffen hat und die Konventionen der Zirkusbranche in Frage stellte. Aus der Perspektive einer wettbewerbsorientierten Strategie erschien die Zirkusbranche unattraktiv, aber Cirque du Soleil hat nicht dadurch gewonnen, dass er der bereits schrumpfenden Zirkusbranche, die sich traditionell an Kinder richtete, Kunden wegnahm. Stattdessen schuf er einen unangefochtenen Markt (blue ocean) der die Konkurrenz irrelevant machte. Er sprach eine ganz neue Kundengruppe an.

  1. Künftige Diversifikation

Bei der künftigen Diversifikation geht es darum, ein neues, zukünftiges Angebot für zukünftige Märkte zu erstellen. Es ist also die Schaffung eines blauen Ozeans mit keinem oder sehr geringem Wettbewerb. 

Beispiel hierfür sind die Amazon Web Services (kurz AWS) von Amazon. Sie ist die weltweit umfassendste und am häufigsten genutzte Cloud und ist heute der wesentliche Gewinnbringer von Amazon - und nicht das Buchgeschäft, mit dem Amazon gestartet ist oder den Verkäufen an sich. 

Fazit

Strategische Handlungsoptionen sind ein durchaus spannendes Thema mit vielen - wie das Wort schon sagt - Optionen und oft auch vielen Diskussionen, wie wir aus eigener Erfahrung aus unserem Strategie-Workshop 1 wissen. 

Wir hoffen, dass dieser Artikel dir einen guten Überblick über alle möglichen strategischen Handlungsoptionen gegeben hat und auch ein besseres Verständnis, auf Grundlage dessen du gute Entscheidungen treffen kannst, die dein Unternehmen Wachstum bringen.

Hier findest du die strategischen Handlungsoptionen im Überblick zum Download